Die Food not Bombs Gruppe in ihrer derzeitigen Konstellation und ihrem derzeitigen Bestehen
ist aufgelöst.
Food Not Bombs ist ein anarchistisches Kochkollektiv, das weggeworfenes und geschenktes Essen zu Mahlzeiten verkocht und sich damit im öffentlichen Raum Platz aneignet, um es dort an alle Menschen zu verteilen.
Dabei ist es uns wichtig, unterschiedliche Menschen mit Kritik am kapitalistischen System zu erreichen.
Wir finden diese Aktionsform unter anderem deswegen sinnvoll, weil wir uns aus dem akademisch/studentischen Umfeld oder der "Szeneblase" herausbewegen, um so unsere Ideen, zu Themen wie Wegwerfgesellschaft, Raumaneignung, überwachungsstaat, Rassistischer Politik, soziale Ungleichheit etc. weiter zu tragen.
Es ist uns bei unseren letzten Aktionen jedoch bewusst geworden, dass wir mit dieser Aktionsform nicht die von uns gewünschte Wirkung erzielt haben, welche ist, das Interesse der Passant_innen für unsere Ideen und Kritik anzuregen.
Wir haben uns deshalb einige Gedanken gemacht, woran das liegen könnte.
Zum einen denken wir, dass ein Grund für das Desinteresse darin zu sehen ist, dass wir in einer Wohlstandsgesellschaft leben, weshalb die meisten Menschen in Wien ihre Grundbedürfnisse an Essen mehr oder weniger abdecken können. Sei es durch Einkäufe in Supermärkten oder die Inanspruchnahme von Angeboten karitativer Einrichtungen, die jedoch nur jenen Menschen zur Verfügung stehen, die die jeweiligen Anforderungen der Einrichtungen erfüllen (wie z.B. österreichische
Staatsbürger_innenschaft). Trotzdem sind auch viele Menschen von Armut betroffen bzw. bedroht und wissen nicht, wie sie täglich an Lebensmittel kommen können.
Außerdem entspricht das von uns gekochte Essen wohl nicht den hygienischen Vorstellungen, die in eben dieser Wohlstandsgesellschaft vorherrschen.
Ein weiterer Grund für das Desinteresse an unseren Aktionen könnte darin zu sehen sein, dass wir aufgrund von fehlenden zeitlichen Ressourcen und motivierten Menschen, Aktionen nicht mehr mit so viel Kraft durchführen konnten, wie wir uns das eigentlich vorstellen und wünschen. Gerade weil Food Not Bombs mit einer Nicht-"Szene"-Öffentlichkeit ins Gespräch zu kommen und dort Kritik am bestehenden (kapitalistischen) System anzubringen versucht, bedarf es sehr viel Motivation, Ausdauer und Gesprächsfreudigkeit.
Außer den oben genannten Punkten haben auch negative Reaktionen aus der "Szene" dazu geführt, dass wir uns fragen, wie viel Sinn Food Not Bombs in dieser Form, eigentlich noch macht.
Wir wollen keinesfalls als Demo-Catering gesehen werden. Außerdem wollen wir uns auch ästhetischen Vorstellungen davon, wie Essen aussehen soll, nicht unterordnen, sondern das, was vorhanden ist verwerten.
Wir fragen uns, wieso die politische Arbeit von Food Not Bombs nicht als diese angesehen wird, sondern wir lediglich als eine Kochgruppe abgestempelt werden.
Hier fließt auch ein in der "Szene" übliches Einteilen von "Arbeiten", in politisch wichtige und unwichtige, mit ein, was mit der Zuordnung der Tätigkeiten in weibliche* und männliche* Bereiche einhergeht. Food Not Bombs besteht fast
ausschließlich aus weiblich* sozialisierten Menschen. Wir agieren in einem Kontext, in dem Kochen von Vielen zu einem klassisch weiblichen* Bereich gezählt wird, wobei beispielsweise Technik oft als männlicher* Bereich definiert wird und hier auch vor allem männlich* sozialisierte Menschen auftreten.
Wir finden es problematisch, dass in einer sich linken/linksradikal definierten "Szene" eine Reproduktion des vorherrschenden gesellschaftlichen Gender-Modells fast unverändert weiterbesteht.
Diese Gründe haben innerhalb unseres Kollektivs zu großer Frustration geführt.
Wir sehen uns als eine nicht statisch agierende Gruppe, sondern wollen unsere Aktionen reflektieren und in diesem Prozess neue Ideen ausprobieren. Deswegen wird es in der nächsten Zeit keine regelmäßige Freitags-Aktion mehr geben, sondern wir wollen uns mit anderen Aktionsformen bzw. mit Theorien und Themen (vor allem mit einer fundierten Kapitalismuskritik) auseinandersetzen.